Antrag zur Einrichtung einer gentechnikfreien Region auf freiwilliger Basis durch die Landwirte und Verpächter im Kreis Stormarn

Der Umweltausschuss empfiehlt dem Kreistag:

Der Kreistag Stormarn möge beschließen:

1. Der Kreistag wendet sich an alle im Kreis Stormarn wirtschaftenden Landwirte und Verpächter von landwirtschaftlichen Flächen, die Einrichtung einer freiwillig vereinbarten gentechnikfreien Region zu prüfen.

2. Der Kreis Stormarn soll Gespräche mit dem Kreisbauernverband aufnehmen, um darauf hinzuwirken, dass Stormarn eine gentechnikfreie Zone wird.

3. Zu diesem Zweck wird er am X.Y.2004 eine öffentliche Veranstaltung zum Informationsaustausch anbieten.

Begründung:

Die Europäische Union hat unter bestimmten Voraussetzungen den Anbau von gentechnisch-manipulierten Saatgut zugelassen. Die Bundesregierung hat den EU-Beschluss in nationales Recht umgesetzt. Beschlossen wurde eine gesamtschuldnerische Haftung für alle, die transgenes Saatgut ausbringen und anderen hierdurch einen Schaden zu fügen.

Ob es zu einem Anbau kommt hängt von zwei Faktoren ab: der Bereitschaft der Bauern, transgenes Saatgut auszubringen und der Bereitschaft der KonsumentInnen, gentechnisch veränderte Lebensmittel zu kaufen.

Voraussichtlich für zwei verschiedene gentechnisch veränderte Pflanzen wird den Landwirten als Erstes Saatgut zum Verkauf angeboten werden:

- für Raps, der gegen ein Total-Herbizid resistent ist; die gentechnische Veränderung befähigt ihn, die Anwendung eines Pflanzenvernichtungsmittels zu überstehen, das jeglichen anderen Bewuchs der Fläche beseitigt, und

- für Mais, der gentechnisch so verändert ist, dass er in jedem Teil der Pflanze ein Gift produziert, das Insekten, die von ihm fressen, tötet (sogenannter Bt-Mais nach dem bacillus thurigiensis, aus dem das dem Mais eingepflanzte Gen stammt)

Die weit überwiegende Mehrheit der deutschen und europäischen VerbraucherInnen sieht in den Gentech-Pflanzen keinen Nutzen, der es rechtfertigt, die menschliche Gesundheit und die Vielfalt in der Natur den Risiken der Technologie auszusetzen. Ca. 80 % der Bürger und Bürgerinnen lehnen den Einsatz der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ab. Da gleichzeitig kein Verbraucher fordert, gentechnisch veränderte Nahrungsmittel angeboten zu bekommen, will auch der überwiegende Teil der Lebensmittelverarbeiter und –händler gentechnikfreie Rohstoffe haben.

Sollte es in Deutschland zum kommerziellen Anbau von Gentech-Pflanzen kommen, dann ist auch bei uns mittelfristig eine flächendeckende gentechnische Kontamination von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft zu befürchten. Besonders betroffen wären diejenigen Bundesländer, in denen Landwirtschaft auf kleinstrukturierten Flächen betrieben wird. Eine Wahlfreiheit für Landwirte und VerbraucherInnen wäre damit nicht mehr gegeben.

Einmal in die Natur eingebracht, ist die Ausbreitung von gentechnikmanipuliertes Saatgut nicht mehr rückgängig zu machen.

Ende 2003 veröffentlichte Untersuchungsergebnisse aus England zeigen einen dramatischen Rückgang von Insekten- und Vogelpopulationen durch den Einsatz von Totalherbiziden in den Gentech-Kulturen. Es liegt deshalb nicht nur im Interesse der Bauern, sondern der Öffentlichkeit insgesamt, solche Technologien zu vermeiden.

In den USA, Kanada und Argentinien ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen bereits so weit fortgeschritten, dass es dort wegen der vielfältigen Vermischungswege - Pollenflug in der Natur, Vermengung bei Aussaat und Ernte, bei Lagerung, Transport und Verarbeitung - beinahe unmöglich geworden ist, gentechnikfreie Produkte herzustellen. Die Folge: für die Farmer dieser Länder haben sich wichtige Märkte verschlossen

Ein einfacher Weg, die Ernten vor gentechnischer Verunreinigung zu schützen, ist die Einrichtung möglichst großräumiger gentechnikfreier Regionen. Rechtlich ist dies möglich auf der Basis freiwilliger Vereinbarungen, die die Landwirte miteinander abschließen. Vorreiter waren hier elf konventionell und vier biologisch wirtschaftende Bauern, die sich in Mecklenburg-Vorpommern mit Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes im November 2003 zur gentechnikfreien Region „Warbel-Recknitz“ zusammengeschlossen haben. Weitere Gemeinden und Kreise u.a. in NRW, Hessen, Baden-Würtemberg haben sich ebenfalls zu „gentechnikfreien Zonen zusammengeschlossen.

Doch nicht nur Landwirte haben einen Nutzen von gentechnikfreien Regionen, sondern auch die Verpächter landwirtschaftlicher Flächen. Denn der Wert des Bodens kann vermindert werden, wenn dort verbleibende Gentech-Samen eine Umstellung auf gentechnikfreie Produktion über Jahre unmöglich machen. Auch deshalb haben fast alle evangelischen Landeskirchen auf ihren Flächen ein Verbot des Anbaus von Gentech-Pflanzen empfohlen.

Da solche Vereinbarungen gleichermaßen im wirtschaftlichen Interesse von Landwirten und Verpächtern sind und obendrein zeitlich befristet werden können, sollte es auch bei uns möglich sein, einen entsprechenden Konsens zwischen den Betroffenen herzustellen.

Folgende Gesichtspunkte sprechen für die Prüfung der Einrichtung einer gentechnikfreien Region:

  • unübersehbare Kosten, die durch die Agro-Gentechnik auf die Landwirte zukommen, können vermieden werden
  • Vermarktungsprobleme, die z.B. für Ökolandwirte entstehen, können verhindert werden
  • dem zu erwartenden Vertrauensverlust beim Verbraucher (besonders bedeutsam bei Direkt- oder regionaler Vermarktung) kann entgegengewirkt werden
  • bestehende Märkte können erhalten werden
  • die bäuerliche Unabhängigkeit gegenüber den Saatgutfirmen bleibt erhalten
  • Konflikte zwischen Nachbarn zu Haftungsfragen können vermieden werden
  • Unnötige Risiken für Mensch und Natur vor allem mit der Auskreuzung von Wildpflanzen werden vermieden

Dietmar Curdt
(umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Kreistag)

zurück

Grüne Stormarn bei Facebook

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>