"Stormarn ist überversorgt!"

war das Fazit von Dr. Marret Bohn, studierte Internistin mit Praxiserfahrung in Stormarn, seit 6 Jahren aber für die Grünen im Landtag - zuletzt als Parlamentarische Geschäftsführerin - tätig.
"Da kann doch nicht sein!" empörten sich viele der im Bürgerhaus anwesenden Zuhörer: "Wir haben doch z.B. nur einen einzigen Hautarzt hier in Bad Oldesloe und dort muss man ewig auf einen Termin warten".

"Könnten wir nicht - wie in St. Michaelisdonn - als Stadt einem weiteren Hautarzt günstige Bedingungen anbieten, damit er sich hier niederlässt" fragte listig eine Zuhörerin. Nein, das ginge eben nicht, so die Referentin. Dieser Trick funktioniere nur in unterversorgten Gebieten im ländlichen Raum und auf Halligen und Inseln. Ärzte könnten sich nicht wie Apotheker einfach irgendwo einen Landkreis aussuchen. Sie bräuchten eine Zulassung durch den Landesausschuss der kassenärztliche Vereinigung. Die Zulassung wird aber nur erteilt, wenn im ganzen Kreis Stormarn der Versorgungsgrad nicht ausreiche. Der Versorgungsgrad liege hier in Stormarn allerdings bei den Hautärzten bei 120%. Da die Praxisorte innerhalb des Kreises den Fachärzten nach ihrer Zulassung aber freigestellt sei, sie sich also überall im Kreis ansiedeln dürften, finden sich leider die meisten Hautärzte dann am Hamburger Stadtrand ein. Diese kreisweite Freizügigkeit wurde von den Anwesenden heftig kritisiert.

Stormarn ist für fast alle Fachärzte gesperrt, Grund; Überversorgung d.h., der Versorgungsgrad liegt über 100% (AugenärztInnen 110%; FrauenärztInnen  127%, +3; KinderärztInnen 140%, +3; OrthopädInnen  121%, +1; Psycho-TherapeutInnen  131%, +6,5; UrologInnen  110%   (+3 bedeutet, es gibt in dem Fachbereich 3 Ärzte zuviel).

Natürlich sei der Versorgungsgrad Definitionssache, so Dr. Bohn. Würde man das angestrebte Arzt-Patientinnen-Verhältnis höher setzen, könnte man stattdessen auch schnell eine Unterversorgung konstatieren. Diese müsste durch weitere Ärztezulassungen kompensiert werden, das sei aber weder von den Krankenkassen noch von der Bundesregierung gewollt, weil das die Kosten des Gesundheitssystem nach oben treiben würde. Dass diese Argument nicht ganz stichhaltig sein könne, erkenne man daran, dass ein Patient der länger auf eine Behandlung habe warten müssen, auch um so kränker geworden sei, was die Behandlungskosten erst recht nach oben treiben müsste.

Bohn kritisierte weiter, dass nach wie vor der demographische Wandel (immer mehr Ältere) und die damit verbundene Morbidität nicht beim Ärzte/Patienten-Zahlenverhältnis berücksichtigt werde. Die angebliche Überversorgung unterscheide sich z. T. deutlich von den wahrgenommenen Bedarfen, was die Wartezeiten belegen würden.

Sie empfiehlt, dass Regionale Gesundheits- und Pflegekonferenzen eingerichtet werden, die eine gemeinsame Planung der ambulanten und (teil-)stationären Versorgung erstellen, und dabei durch Bürgerbeteiligung Transparenz erzeugen. Und sie fordert die Patienten auf, ihre Forderungen auch deutlicher zu erheben, aktiv auf die ortsnahen Landespolitiker zuzugehen.

Hartmut Jokisch
Ortsvorsitzender Bad Oldesloe

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