Das „Stormarner Modell“ ist eher Mystik als Realität.

Seit Mai bin ich ein Neuling im Stormarner Kreistag. Bis dahin hatte ich von der Kreispolitik nicht viel mitbekommen. In der Presse war davon nicht viel zu lesen. Als ich aber auf die Liste der Grünen gekommen bin, wurde ich aufgeklärt, dass im Kreistag alles viel harmonischer läuft als zum Beispiel in Bad Oldesloe, wo viel mehr gestritten wird. Das „Stormarner Modell“ sei Vorbild in Schleswig Holstein für eine gleichberechtigte, faire, interfraktionelle und sachgerechte Politik ohne Streitereien – was die anderen Kommunen und besonders die Oldesloer Politiker nicht können.

Nun habe ich einige Monate und Sitzungen als Kreistagsabgeordneter hinter mir und kann das mythische und mystische „Stormarner Modell“ nicht erkennen. Auf der konstituierenden Sitzung wurden die Ausschüsse nicht entsprechend der Mehrheitsverhältnisse des Kreistages besetzt. Dieses ist unfair, weil in Ausschüssen abschließende Entscheidungen in vielen wichtigen Punkten getroffen werden. So wurde zum Beispiel der Klimaschutz-Antrag der Grünen im Umweltausschuss mehrheitlich abgelehnt (die CDU hat mit 6 von 12 Stimmen eine Sperrminorität) ging aber im Kreistag durch (hier hat die CDU keine Sperrminorität).

Auch im Umgang mit den Abgeordneten der Linken kann ich keine Sachlichkeit und Gleichberechtigung erkennen. Sie haben in den Ausschüssen nur ein Grundmandat und dürfen nicht mit abstimmen. Berechtigte mündliche und auch schriftliche Anfragen an den Kreistag werden polemisiert und diskreditiert, bei informellen Gesprächen die 4 Linken nicht hinzugezogen. Dieses hat mich doch sehr verwundert und an meine Zeit als Grüner Kreistagsabgeordneter in den achtziger/neunziger Jahren erinnert, als wir diese Rolle der „Schmuddelkinder“ hatten. Fast alles, was wir damals beantragten und fragten (v.a. Umwelt- und Naturschutz, Basisdemokratie), wurde mit Spott und Häme bedacht, zu informellen Gesprächen wurden wir nicht hinzugebeten. Legitime und sachliche Anfragen und Anträge der Linken sind sachgerecht und fair zu beantworten und zu diskutieren. Hier erwarte ich mehr Demokratie.

Für mich ist das „Stormarner Modell“ bislang Mystik und die Politik im Kreistag wie überall – ein Schachern und Tauziehen um Interessen und Eitelkeiten.

Gerold Rahmann
(Mitglied der Grünen Fraktion und Vorsitzender des Umweltausschusses des Kreises Stormarn)

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