Altholzkraftwerk: Klagen oder verhandeln?

In der Öffentlichkeit wurde in den letzten Monaten der Eindruck erweckt, von den Menschen in Stapelfeld und Umgebung werde erwartet, sich als Märtyrer des Klima- und Ressourcenschutzes zur Verfügung zu stellen. Das nachwachsende Energiematerial Holz in Form von schadstoffbelastetem Altholz dürfe hier nicht verbrannt werden, um Strom zu erzeugen, weil auch nach der Rauchgasreinigung noch Schadstoffe austreten.

Eine wesentliche politische Aufgabe ist es allerdings, zukünftigen Generationen bei der Energieerzeugung nicht unnötig den Kohle-, Gas- und Ölvorrat zu beschneiden und die Atmosphäre zu schädigen, zumal die Atomenergie sich als unbeherrschbar erwiesen hat. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist deshalb richtig, weil es den nötigen finanziellen Anreiz für den Bau von Kraftwerken bietet, die Strom aus Altholz gewinnen, das man sonst mit weit geringerer Energieausbeute in Müllverbrennungsanlagen beseitigt. Das Gesetz wäre unakzeptabel, wenn es wegen der Emissionen gefährlich wird. Deshalb kann man darüber mit Recht besorgt sein, muss die Gefahren aber realistisch prüfen.

Aus einem Schornstein verteilen sich die Abgase weit über das Gebiet hinaus, von dem aus man den Schornstein sehen kann. Deshalb ist es keine bessere Lösung, für das aus dem Raum Hamburg stammende Altholz den Kraftwerksstandort Billbrook in Hamburgs Osten vorzuschlagen. Entscheidend ist es, den Schadstoffausstoß gering zu halten. Die deutsche Immissionsschutzverordnung ist zwar die schärfste irgendwo gültige, kann aber, wie man an der Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld sieht, durch technische Verbesserungen bereits deutlich unterschritten werden. Von dem Altholzkraftwerk ist deshalb zu verlangen, die Vorgaben so weit wie technisch möglich zu unterschreiten und zukünftige Verbesserungen der Reinigungstechnik zügig einzubauen. Zusätzliche Forderungen unserer Fraktion sind die Beprobung jeder Altholzcharge an Ort und Stelle, die Erzeugung von Fernwärme in nennenswerter Menge, so dass andere Heizwerke stillgelegt werden können, dauerhafter Verzicht auf eine Erweiterung der MVA und vermehrte ökologische Ausgleichsmaßnahmen.

Solche Zusatzforderungen , die im Verfahren der mit Sicherheit zu erwartenden staatlichen Genehmigung nicht vorgesehen sind, kann der Kreis in Verhandlungen mit dem Betreiber E.ON durchzusetzen versuchen, weil eine Rechtsunsicherheit besteht. Als der Kreis seine MVA-Anteile an den E.ON-Vorgänger verkaufte, bedingte er sich das Recht aus, bei einer Erweiterung der MVA nach seiner Zustimmung gefragt werden zu müssen. Seitdem ist klar, dass für eine zusätzliche Anlage, die Müll verbrennt, die Zustimmung des Kreises erforderlich ist, andererseits für eine Anlage, die Holz verbrennt, das ohne den Umweg einer baulichen Verwendung aus dem Wald kommt, nicht. Das Holz für das Altholzkraftwerk ist dazwischen einzuordnen, denn es war zwar früher Müll und darf auch in Müllverbrennungen beseitigt werden, gilt heute aber als Biomasse. Wie ein Gericht das sieht, ist kaum abzuschätzen. Wenn der Kreis in Verhandlungen so viel durchsetzen kann, dass die Fordrungen der Bevölkerung zum wesentlichen Teil erfüllt werden, sollte er auf den Gang zum Gericht verzichten, zumal bei den zweifelhaften Erfolgsaussichten mehrere Instanzen zu erwarten sind, das Kraftwerk wahrscheinlich trotzdem zwischendurch gebaut werden darf und am Ende riesige Schadenersatzforderungen an den Kreis herauskommen können.

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